Ich habe einen Traum – einen inklusiven Traum

In Deutschland und weiten Teilen Europas werden behinderte Menschen noch als „Objekte des Mitleids“ und nicht als „Produktivkräfte“ gesehen, die es verstehen, ihren eigenen Lebensentwurf zu verwirklichen und ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Diese Zuschreibung mag zwar in einzelnen Fällen zutreffend sein, für alle ist sie aber sicher nicht gültig.

Aus Angst der Politik davor, der Diskriminierung angeklagt zu werden, gelten diese Rechte jedoch für alle Menschen mit Behinderung. Wenn es aber darum geht, diese Rechte abzustreifen, weil man sie eher als hinderlich, denn als förderlich für sich begreift, wird es schwierig.

Hemmschuh – Kündigungsschutz

Ein gutes Beispiel hierfür ist der Kündigungsschutz. Es ist für behinderte Menschen nicht möglich, auf dieses Sonderrecht zu verzichten, auch wenn es die Einstellung in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis hemmt. Dabei wäre es so wichtig für die Inklusion, so viele Menschen wie möglich in Arbeit zu bringen, damit man begreift, dass es gar keine Last sein muss, mit behinderten Menschen zusammenzuarbeiten (ganz im Gegenteil).

Hemmschuh – Zwangsquote

Eine Zwangsquote hilft hier ganz sicher auch nicht weiter. Wenn ein jeder Arbeitgeber verpflichtet wäre, behinderte Menschen zu beschäftigen und sich dieser auch über eine Abgabe nicht mehr von dieser Pflicht befreien kann, würden behinderte Menschen nur umso mehr als Last angesehen werden. Ähnlich wie Steuern oder die Abgabe an die IHK wären behinderte Menschen in den Augen von Arbeitgebern nur eine lästige Pflicht und nichts anderes.

Ich habe einen Traum!

Nochmal, ich habe einen Traum: den Traum, dass Menschen mit Behinderungen als frei über sich selbst verfügende Produktivkräfte begriffen werden, die ihr Potential frei anbieten können. Diese Botschaft möchte ich in die Welt tragen und bitte Sie alle, dabei mitzuhelfen!

Konkret könnte das Leben eines behinderten – sagen wir einmal blinden – Menschen in zehn Jahren so aussehen:

Morgens erwacht   die blinde Sarah neben ihrem Mann, dem Filmregisseur Udo Ungetüm. Sie steht auf, macht sich fertig und deckt den Frühstückstisch. Währenddessen macht sich auch ihr Mann fertig und holt schnell vom zwei Kilometer entfernten Bäcker Brötchen. Kurz bevor er eintrifft, ist auch schon die gemeinsame Tochter Lisa, 6 Jahre alt, wach. In der Wohnung, die Udo und Sarah gemeinsam eingerichtet haben, weist die Tochter ihre Mutter darauf hin, dass ihr Lippenstift etwas   verschmiert ist, woraufhin Sara ihn mit Hilfe ihrer Tochter korrigiert. Ein gutes Aussehen ist wichtig für Sarah, obwohl sie blind ist. Sie arbeitet schließlich in einer Bank und hat viel Kundenkontakt, besonders   mit   gut betuchten Geschäftsleuten. Diese   haben zwar keinen Zweifel an Ihrer Kompetenz als Kreditsachbearbeiterin,   ein gutes Aussehen lässt dennoch einiges leichter werden. Da kommt auch schon Udo durch die Tür. „Gut siehst Du aus, mein Schatz.“ Das hat sie ganz allein gemacht“, ruft Lisa aus ihrem Kinderzimmer. Udo lächelt verschmitzt…
Nach dem gemeinsamen Frühstück fährt Udo auf dem Weg ins Büro die beiden Damen erst zur Schule bzw. zur Bank. Sara betritt die Bank selbstständig, nachdem Udo sie an der ihr bekannten Ecke hinausgelassen hat.
In ihrem Büro wird sie schon von ihrer Kollegin begrüßt, die ihr gerade eine neue Datei auf ihren Rechner spielt. Ihr Rechner ist mit einer Braillezeile verbunden, die jeder blinde Mensch ab Beginn der Schulausbildung alle fünf Jahre von der Krankenkasse kostenfrei bekommt. Ihre Kollegin Lena ist mit dieser Technologie schon längst vertraut, schließlich ist die Aufklärung darüber, wie behinderte Menschen arbeiten, Bestandteil eines jeden Informatikunterrichts an der Schule. Abgesehen davon ging Lena gemeinsam mit zwei blinden Jungs zur Schule. Diese waren zwar eine Klasse über ihr, zeigten aber gerne ihre Ausstattung.
Kurze Zeit später erscheint dann auch der erste Kunde – Scheich Mahmud, der eine Finanzierung für seine neue Villa klarmachen möchte. „Sie sehen wie immer bezaubernd aus“, schmeichelt der Araber seiner blinden Beraterin. „Sie Schleicher“, lacht Sara, „dafür bekommen sie den Kredit auch nicht günstiger!“ Nach einer halben Stunde sind die beiden sich einig und Lena führt den nächsten Kunden an Saras Platz.
So bemerkt Sara kaum, wie die Zeit verfliegt, als Udo leise an ihre Tür klopft: „Hallo, mein Schatz. Bist Du schon fertig? Ich habe Lisa bereits von der Tagesmutter abgeholt. Wir haben beschlossen, gleich noch zum Griechen an der Ecke zu gehen. Hast Du Lust?“ Sara ist begeistertet, schließlich hat sie außer Zahlen und einem Sandwich in der Mittagspause seit dem Frühstück nichts mehr zwischen die Zähne bekommen… So geht ein ganz normaler Arbeitstag mit ganz normalen Menschen zu Ende.

Was ich mit dieser Geschichte sagen möchte, ist, dass niemand in eine Schublade gesteckt werden soll.   Alles ist möglich und nichts ist besonders daran, wenn ein Kollege/eine Kollegin eine körperliche Einschränkung hat.

Diese Botschaft möchte ich in die Welt tragen und bitte Sie alle, dabei mitzuhelfen!

Ihr Dr. Carsten Dethlefs

Wie dieser Blog aufgenommen wird, werden wir auch durch sein Abschneiden bei der Blogparade sehen. Hier reiche ich diesen Text nämlich ein.

Hinterlassen Sie einen Kommentar