Politische Teilhabe für alle

Ich zeige dieses Jahr, wie Menschen mit Behinderung auch in der Politik mitmischen können!

cdu-sh-heide-und Carsten

Politische Teilhabe für alle – Grundzüge einer inklusiven Demokratie

Einleitung

In Deutschland leben laut statistischem Bundesamt ca. acht Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung. Das ist eine große Zahl.

Die Faktoren, die einen mit dieser Gruppe in Berührung bringen können, sind vielfältig. Vielleicht gehört man selbst dazu. Möglicherweise trifft einen dieses Schicksal früher oder später in der Zukunft; einen absoluten Schutz davor gibt es schließllich nicht. Ob es sich dabei um eine sichtbare oder unsichtbare Einschränkung handelt, ist zweitrangig. Andere Menschen wiederum haben in der Familie beziehungsweise im Freundes- und Bekanntenkreis Personen, die ein Handicap haben. Wieder andere haben beruflich mit diesem Thema zu tun.

Für Menschen, die von einem Handicap betroffen sind, besteht die Herausforderung nicht nur darin, unter erschwerten Bedingungen den Alltag zu bewältigen, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und für die eigenen Rechte einzutreten; hinzu kommt oftmals ein Gefühl der Ohnmacht gegenüber Politik und Gesellschaft.

Das muss aber nicht sein, denn auch für Menschen mit Behinderung gibt es zahlreiche Optionen, am politischen Geschehen teilzuhaben. Oftmals wissen die Betroffenen allerdings nicht, welche Wege ihnen tatsächlich offenstehen.

Behinderte Menschen können beispielsweise andere Menschen wählen oder sich auch selbst zur Wahl stellen. Die Informations- und Kommunikationstechnologie spielt hier eine große Rolle. Doch nicht nur die Technologie hilft, sondern auch die Teilnahme an Veranstaltungen, das Engagement in Verbänden oder die Präsenz in zahlreichen Medien geben ihnen die Möglichkeit, ihre Anliegen zu thematisieren. Auf diese Weise eröffnet sich ihnen die Chance, Entscheidungen aktiv zu beeinflussen und ihre – häufig auch über das eigene Handicap hinausgehenden – Interessen zu vertreten.

Die UN-Behindertenrechtskonvention, die von der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2009 ratifiziert wurde, gab hier noch einmal einen ganz neuen Schub für die Rechte von Menschen mit Behinderung. So verpflichten sich die Vertragsstaaten nach Artikel 29 dieses Übereinkommens, sowohl aktiven Wahlbürgern die Ausübung des Stimmrechts zu garantieren, als auch für passive Wahlbürger ein Umfeld zu schaffen, welches ihnen die politische Partizipation ermöglicht

Diese Regelung in Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention bezieht sich auf Artikel 25 des UN-Zivilpakts: Recht auf politische Teilhabe und Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

In der vorliegenden Broschüre stellt die Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg, dem Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf, sowie dem Atelier für leichte Sprache Strategien vor, mit denen man seinen Anliegen Gehör verschaffen kann, ohne auf ganzer Linie als hilfsbedürftig zu gelten. Wichtig ist, dass die Diskussionen stets auf Augenhöhe mit Politik und Gesellschaft stattfinden und kein einseitiges Mitleid erzeugt wird. Der eigene Stolz sollte nicht auf dem Altar der Interessensdurchsetzung geopfert werden müssen. Für die konstruktive Zusammenarbeit bei dieser Handreichung mit dem BSVH, dem DVBS und Frau Anna Lena Schattenhofer, die eine Expertin für leichte Sprache ist, bedanken wir uns ganz außerordentlich.

Mit dem hier skizzierten Ansatz geht ein Paradigmenwechsel einher. Menschen mit Behinderung werden nicht länger nur als Objekte betrachtet, die der Willkür anderer ausgeliefert sind, sondern sollen selbst zu aktiv handelnden Subjekten werden. Darum richtet sich diese Handreichung gleichermaßen an Menschen mit Behinderung, an Veranstaltungsorganisatoren und an die aktive Politik. Insbesondere die Volksvertreter sollten Menschen mit Behinderung nicht länger nur durch die sozialpolitische Brille sehen.

Wie notwendig eine solche Schwerpunktsetzung ist, zeigt auch der Untersuchungsbericht der Landesarbeitsgemeinschaft „SELBSTHILFE von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen Nordrhein- Westfalen e.V.“. In Zusammenarbeit mit dem Erziehungswissenschaftler Albrecht Rohrmann von der Universität Siegen wurde nachgewiesen, dass die politische Partizipation von Menschen mit Behinderung in den Kommunen des Landes Nordrhein-Westfahlen äußerst schwach ausgeprägt ist. So gibt es in 53 Prozent aller Kommunen in NRW keine Behindertenvertretung. Eine solche Vertretung wäre es aber, die Menschen mit Behinderung Hilfestellung bei einem eigenständigen politischen Engagement geben könnte.

Auf den nächsten Seiten werden wir Ihnen daher Wege aufzeigen, wie die aktive politische Teilhabe von Menschen mit Behinderung funktionieren kann. Wenn wir im Folgenden den Begriff „inklusive Demokratie“ verwenden, meinen wir damit, dass niemand auf Grund von Umständen, die ein Mensch nicht freiwillig erduldet, von Grundrechten wie der politischen Teilhabe auf allen Ebenen ausgeschlossen werden darf. Von der politischen Informationsaufnahme bis zur Wahl eines Volksvertreters oder dem eigenen Mandat muss die Teilhabe funktionieren.  Zur Konkretisierung (siehe den Punkt 2.2 Weiter unten).

Ob ein Thema aber tatsächlich auf politischer Ebene Gehör findet, hängt jedoch immer davon ab, wie gut man es kommuniziert. Das gilt sowohl für Politiker, als auch für Bürgerinnen und Bürger, die der Politik die aus ihrer Sicht maßgeblichen Handlungsfelder überzeugend darlegen müssen. Hierbei wollen wir helfen!

Die Fragen, auf die wir hier konkret Antworten finden wollen, lauten:

  • Wie kann man sich als Mensch mit Behinderung politisch engagieren?
  • Welche Arten des Engagements gibt es?
  • Welche Vorkehrungen sind nötig, um aktiv und gleichberechtigt an Wahlen teilnehmen zu können?
  • Welche Hilfen benötigt man, wenn man sich selbst zur Wahl stellen will?
  • Welche On- und Offlinestrategien können hilfreich sein?

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